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Hintere Bremsen

Die hinteren Bremsen halten normalerweise fast ein Autoleben lang. Die Beläge nutzen sich kaum ab. Die häufigsten Probleme mit den hinteren Bremsen gibt es wegen defekter Radbremszylinder oder festgerosteter Bremsbacken. Üblicherweise erkennt erst der TÜV dieses Problem auf dem Bremsenprüfstand.
Egal welche Ursache vorliegt, man sollte generell die gesamte Mimik auswechseln. Beide Radbremszylinder, die Bremsbacken und die Schmierkappen sollten gewechselt werden. Um an die hinteren Bremsen zu gelangen, muß die Bremstrommel entfernt werden.
Nach Abnehmen des Rades ist die Schmierkappe über dem Radlager zu entfernen. Wurde vorher noch nicht an den Bremsen gearbeitet, dann finden wir hier noch die eingepreßte Metallkappe. Diese Kappe läßt sich nicht zerstörungsfrei entfernen. Zum Ausbau ist die Kappe einfach mit einem Schraubendreher mittlerer Größe herauszuhebeln. Die neue wiederverwendbare Staubkappe kostet im einschlägigen Ersatzteileversand etwa DM 5,- pro Stück. Um diese DM 10,- zu sparen, sieht man leider oft abenteuerliche Konstruktionen.

Bild 1 Pfusch an der Bremse

Bild 1 Pfusch an der Bremse

Die herausgebrochene und deformierte Kappe wurde einfach mit Sanitärsilikon eingeklebt. Oft sieht man hier auch den Versuch den Deckel wieder rund zu biegen, was natürich mißlingt. Dabei dichtet der Deckel dann nicht mehr ab. In der Folge geraten Sand und Dreck ins Radlager. Wer hier bereits solchen Pfusch abliefert, den würde ich nicht an meine Bremsen heranlassen.

Ist die Kappe heraus, dann liegt das Radlager vor uns. Der innere Lagerring wird von einer Mutter mit Schlüsselweite 44 gehalten. Zur Demontage benötigt man eine Stecknuß mit 44mm Schlüsselweite. Da es meist schwierig ist diese Größe zu bekommen, eine Nuß mit 46mm funktioniert auch. Diese Nuß ist gegebenfalls an der Außenseite soweit abzuschleifen, daß sie in die freie Öffnung hineinpaßt. (Außenmaß < 62mm).
Um die Mutter zu entfernen muß zunächst die Sicherung zurückgebogen werden. Zum Lösen benutze ich einen langen Hebel (etwa 1.5m), auf den ich mit meinem ganzen Gewicht steige (Ja die Mutter sitzt sehr fest). Sobald die Mutter entfernt ist, kann die Bremstrommel mitsamt dem Radlager abgezogen werden. Üblicherweise geht das nicht so einfach, das Lager sitzt sehr fest auf der Achse. Jetzt aber bitte nicht der Bremstrommel mit einem Universalabzieher zu Leibe rücken, das zerstört mehr als es bringt. Eine Entenfelge läßt sich prima als Abzieher verwenden. Die Felge hat in der Mitte ein kleines quadratisches Loch. Dadurch paßt bestens eine M12er Schraube. Um den Abzieher zu bauen genügt es eine M12er Mutter auf die Innenseite unter das Loch zu schweißen. Die verwendete Schraube sollte etwa 150mm lang sein. Nun ist nur noch die Felge auf der Bremstrommel zu montieren und die Schraube langsam hineinzudrehen. Damit wird die Bremstrommel sanft und zerstörungsfrei von der Achse abgezogen. Sollte der innere Simmerring des Radlagers noch auf dem Achsstummel stecken, herunternehmen, reinigen und in die Bremstrommel über das Lager stecken. Ein neuer Simmerring kann nicht schaden, ist aber nicht unbedingt notwendig.

Bild 2 AbziehwerkzeugBild 2 Abziehwerkzeug

Bild 2 Abziehwerkzeug

Um die Trommel sauber abziehen zu können, sollten die beiden hinter der Trägerplatte sitzenden Exzenter jeweils zur Achse hin verstellt werden. Damit sollten die Beläge von der Trommel weggehen. Das ist zwar nett, in den meisten Fällen läßt sich der Exzenter jedoch nicht einfach verstellen. Bevor nun der Exzenter von außen beschädigt wird, lieber einfach die Trommel abziehen. Dabei werden zwar die Beläge verbogen, da sie aber onehin gewechselt werden ist dies nebensächlich. Wie die Exzenter zu behandeln sind: Siehe unten.

Bild 3 Innenleben der Trommelbremse

Bild 3 Innenleben der Trommelbremse

Bevor wir mit der Demontage der Bremsbacken beginnen, ist die Rückholfeder auszuhängen. Die Feder ist lediglich ein Drahtbügel, der zwischen den beiden Belägen sitzt. Die Enden des Bügles lassen sich einfach aus den Belägen ziehen. Das untere Ende des Bügels ist aus dem Sicherungsblech auszuhängen. Nun ist zur Demontage der Bremsbacken das Sicherungsblech über den Halte- und Exzentermuttern wegzubiegen. Dazu eignet sich sehr gut ein kleiner und stumpfer Meissel. Ist das Sicherungsblech flach, können die beiden M7er Muttern mitsamt dem Sicherungsblech entfernt werden. Bevor nun die Backen herausgenommen werden ist ihr Zustand zu prüfen. Sind die Beläge schön parallel abgenutzt, dann kann davon ausgegangen werden, daß die unteren Exzenter richtig stehen. Ich markiere daher die Position der Exzentermuttern mit einem Körnerschlag. Durch diese Markierung kann ich die Mutter hinterher wieder in der richtigen Position einbauen (Muttern so lagern, daß sie nicht verwechselt werden können). Das ist zwar nicht die schulmäßig richtige Methode, funktioniert aber fast immer problemlos.
Normalerweise müssen die Bremsbacken nach dem Einbau zentriert werden. Ein Zentrierwerkzeug kann man sich relativ einfach selber bauen. Damit läßt sich die Bremse dann korrekt zentrieren. Mehr dazu später.

Um die Backen auszubauen, muß die Halterung in der Backenmitte entfernt werden. Die Halterung besteht aus einem Stift, der durch die Trägerplatte der hinteren Bremse kommt. Dieser Stift geht durch die Bremsbacke und wird auf der Oberseite der Bremsbacke durch eine Feder und einen Blechdeckel gehalten. Zur Demontage muß der Blechdeckel gegen die Feder auf die Bremsbacke gedrückt und dabei um 90 Grad gedreht werden. Der Stift ist dabei von außen gegenzuhalten.

Bild 4 Halterung der Bremsbacke

Bild 4 Halterung der Bremsbacke

Waren die Bremsbacken noch gängig, dann können sie jetzt einfach abgenommen werden. Meist sind die Backen jedoch auf der Trägerplatte festgerostet. Daher müssen zuerst die Exzenter gelöst werden. Das geht am einfachsten, indem die Exzenter gedreht werden. Mit einer Nuß in Größe 21 oder 22mm läßt sich das bewerkstelligen. Etwas Sprühöl hilft dabei. Läßt sich der Exzenter erstmal drehen, dann kann die Bremsbacke bei einem weiteren Drehen des Exzenters und Zugabe von mehr Sprühöl abgezogen werden.

Bevor nun die neuen Bremsbacken und der Radbremszylinder montiert werden können, muß die Trägerplatte im Bereich unterhalb der unteren Exzenterschrauben entrostet werden. Die alten Beläge waren wahrscheinlich eine innige Rostverbindung mit der Trägerplatte eingegangen. Um die neuen Beläge nicht von vornherein im Rost blockieren zu lassen muß hier alles blank sein.
Auch die oberen Exzenter müssen gängig gemacht werden. Das muß sehr vorsichtig geschehen, da die Exzenter auch schon mal abreißen können. Fast immer sind die Exzenter in ihrer Führung festgerostet. Um sie wieder gängig zu machen benutze ich einen speziellen flachen 14er Ringschlüssel. Der Schlüssel darf nicht wie der übliche Ringschlüssel gekröpft sein. Damit hätte man die Garantie von dem flachen Sechskant abzurutschen. Dadurch werden die Ecken des Sechskantes abgerundet, ein späteres Zentrieren der Bremse wird damit unmöglich gemacht!
Festsitzende Exzenter müssen vorsichtig wieder gängig gemacht werden. Sollte ein Verstellen von außen nicht möglich sein, dann kann uns der Brenner helfen. Wird der Exzenter richtig schön aufgeheizt, dann löst sich meist der Rost. Nun kann mit Sprühöl das Teil wieder beweglich gemacht werden. Hilft auch die Wärmebehandlung nicht, dann tut als letzte Rettung eine große Rohrzange gute Dienste. Damit kann der heiße Exzenter auf der Innenseite gegriffen und bewegt werden. Sobald sich der Exzenter wieder bewegt, muß mit Öl und viel Geduld durch ständiges Drehen der Rost soweit gebrochen werden, daß sich der Exzenter später von außen bewegen läßt. Um den späteren Einbau der Bremsbacken vorzubereiten, sollten die Exzenter so stehen bleiben, daß der weite Teil nach innen zur Achse weist.

Die unteren Exzenter in den Bremsbacken sind vorsichtig aus den Backen herauszuholen. Am besten geht das wenn der Exzenter unter Zugabe von Sprühöl gedreht wird. Hat man den Exzenter heraus, dann muß er auf allen Flächen die später in Berührung mit der Bremsbacke und der Trägerplatte kommen, gründlich entrostet werden.

Nun wird der Radbremszylinder gewechselt. Dazu wird ein 10mm Ringschlüssel benötigt. Beide Halteschrauben sind zu entfernen. Ist der Radbremszylinder abmontiert kommt die Bremsleitung an die Reihe. Zur Demontage muß ein 8mm Bremsleitungsschlüssel verwendet werden. Die hinteren Bremsleitungen sind meist gut im Radbremszylinder festgerottet. Würde man jetzt einen normalen 8mm Gabelschlüssel verwenden, dann drückt sich die Überwurfmutter auf der Bremsleitung zusammen und die Probleme gehen erst richtig los!

Bild 5 Werkzeuge

Bild 5 Werkzeuge für Überwurfmutter und Exzenternocken

Sobald der Anschluß der Bremsleitung den ersten Ruck Richtung offen gemacht hat, sofort wieder anhalten. Auf keinen Fall die Überwurfmutter weiterdrehen. Oft ist die Mutter auch auf der Bremsleitung festgerottet und läßt sich damit nicht mehr gegenüber der Leitung drehen. Würde man jetzt weiterdrehen, dann schert die Bremsleitung ab, was ein größeres Problem aufwirft. Die hinteren Bremsleitungen zu wechseln ist nicht das wahre Vergnügen! Ich weiß genau wovon ich spreche! Also die Überwurfmutter mit dem Bremsleitungsschlüssel festhalten und den losen Radbremszylinder abdrehen.
Ist die Leitung heraus, dann kann man die Überwurfmutter vorsichtig mit viel Sprühöl wieder gängig machen.

Sobald der Radbremszylinder ab ist beginnt die Bremsflüssigkeit langsam auszulaufen. Daher sollte man den neuen Radbremszylinder bereits griffbereit liegen haben. Also sofort die Leitung verschließen, indem der neue Radbremszylinder montiert wird. Eine Selbstverständlichkeit hierbei ist den richtigen Radbremszylinder zu verwenden. Hat die Ente eine LHM Bremsanlage, dann muß der neue Radbremszylinder je nach Hersteller entweder grün lackiert sein, oder er muß zumindest durch einen grünen Farbpunkt markiert sein!
Ist der neue Radbremszylinder auf der Leitung drauf, dann kann er wieder an der Trägerplatte mittels der beiden M6er Schrauben befestigt werden. Nochmal die Bremsleitung festziehen und die Halteschrauben kontrollieren.

Zur Montage der Bremsbacken muß zunächst der untere Exzenter in die Bremsbacke eingesetzt werden. Die aufeinanderliegenden Flächen sollten mit einem dünnen Film Kupferpaste eingestrichen werden. Auch die Unterseite der Bremsbacke, die später an der Trägerplatte liegt, sollte mit etwas Kupferpaste behandelt werden. Aber ACHTUNG: Kupferpaste und Bremsen vertragen sich nicht. Die Menge muß so gering sein, daß später wenn die Bremse im Betrieb richtig heiß wird, die Paste nicht flüssig wird und auf die Innenseite der Bremstrommel tropft!!! Also wirklich nur einen dünnen Film verwenden, der ein Festrosten verzögert und eine spätere Demontage erleichtert.
Die Bremsbacken sind nun in die richtige Position zu bringen und unten mit der Mutter zu sichern. Um die Backen auch richtig auf der Trägerplatte zu halten, kommen die Halterungen in der Backenmitte wieder hinein. Von der Außenseite der Trägerplatte wird der Stift durch das Loch in der jeweiligen Bremsbacke gesteckt. Während der Stift von außen gehalten wird, muß nun der Blechteller gegen die Feder gedrückt wieder eingefädelt werden.
Sind beide Bremsbacken soweit versorgt, dann ist die kräftige Rückholfeder wieder einzuhängen.

Im nächsten Schritt sind die Bremsbacken zu zentrieren. Das ist nötig um den Belag schön parallel zur Bremstrommel zu bekommen. Nur so kann ein gleichmäßiges Anliegen des Bremsbelages und damit eine gleichmäßige Bremswirkung erreicht werden. Dazu müssen zunächst die Backen am unteren Exzenter festgeschraubt werden. Der obere Exzenter sollte ja noch nach innen zur Achse hin stehen. Damit kann die Bremstrommel wieder aufgesetzt werden (Um das Radlager nicht zu schädigen muß die Achswelle vollkommen sauber sein). Zur Zentrierung muß nun jeweils ein Exzenter soweit gedreht werden, daß der Bremsbelag gerade an der Trommel zu schleifen beginnt. Von dieser Position muß der Exzenter dann wieder soweit zurück, daß der Belag gerade nicht mehr schleift. Diese Prozedur wird auf beiden Seiten durchgeführt.
Nun muß die Bremstrommel wieder abgezogen werden. Um die unteren Exzenter einstellen zu können ist die Mutter soweit zu lockern, daß sich der Exzenter drehen läßt. Um die Parallelität zu bekommen brauchen wir ein Zentrierwerkzeug. Im Prinzip ist es ein Zirkel mit dem der gleichmäßige Abstand vom der Achse aus geprüft werden kann.
Ich habe mit ein Zentrierwerkzeug aus einer alten Mutter für die Hinterachse gebaut. Auf eine Fläche des Sechskants ist einfach ein Stab aufgeschweißt auf dem ein verschiebbarer Stift sitzt. Dieser Stift wird durch eine Madenschraube auf der Welle festgestellt.

Bild 6 Einfaches Zentrierwerkzeug

Bild 6 Einfaches Zentrierwerkzeug

Zum Zentrieren muß nun der Abstand am oberen Ende des Belages so eingestellt werden, daß er gerade noch nicht berührt. Nun wird die Mutter nun so auf der Achse gedreht, daß der Stift am Belag nach unten wandert. Der Abstand zwischen dem Stift und dem Belag wird mit Hilfe des unteren Exzenters eingestellt. Haben wir einen konstanten Abstand erreicht, dann ist der Belag zentriert. Dieselbe Prozedur muß an beiden Bremsbacken durchgeführt werden, wobei der Stift auf dem Werkzeug nur einmal eingestellt werden darf, er repräsentiert ja den Durchmesser der Bremstrommel. Kann man das Werkzeug 360º drehen und hat immer einen konstanten Abstand, dann sind die Bremsbeläge zentriert.

Bild 7 Bremsbacken zentrieren

Bild 7 Bremsbacken zentrieren

Abschließend sind noch die Muttern am unteren Exzenter festzuziehen und wieder zu sichern. Danach wird die Bremstrommel wieder aufgesetzt. Auch hierbei muß die Achswelle vollkommen sauber sein. Wichtig ist, daß man nicht versucht die Bremstrommel mit der Mutter auf den Achsstummel hinaufzuziehen. Dabei reißt gerne das Feingewinde vom Achsstummel ab, was den Schwingarm zerstören würde. Daher muß die Bremstrommel mit Hammerschlägen auf den flachen Teil soweit hineingetrieben werden bis genug Gewinde für die gesamte Muttertiefe herausschaut. Achtung: Beim hineintreiben die Bremstrommel nicht verkanten.
Sitzt die Bremstrommel in Position, dann ist die Mutter festzuziehen - aber richtig fest. Zum Abschluß ist der Sicherungsrand der Mutter in die Nut auf dem Achsstummel zu schlagen. Dabei bitte nicht das Gewinde und den Achsstummel beschädigen.

Da bei einem Wechsel der Radbremszylinder Luft in die Bremsanlage gelangt ist, müßte anschließend entlüftet werden. Dazu braucht man einen Helfer und turnt eine ganze Weile rum. Diesen Arbeitsgang spare ich mir. Mein Helfer zum Entlüften heißt Newton. Ich lasse einfach die Schwerkraft für mich arbeiten indem ich das Entlüftungsventil öffne. Nun beginnt die Bremsflüssigkeit vom höher liegenden Reservoir nach unten in den Radbremszylinder zu laufen. Da die Viskosität der Bremsflüssigkeit relativ hoch ist und die Bremsleitung nur einen sehr kleinen Innendurchmesser hat, läuft nur die Flüssigkeit nach unten. Luft gelangt nicht nach oben in die Leitung. Der ganze Entlüftungsvorgang reduziert sich nun darauf zu warten bis die Bremsflüssigkeit aus dem geöffneten Entlüftungsventil tropft. Um keine Sauerei zu veranstalten stecke ich etwas Klopapier unter das Entlüftungsventil. Sobald die Bremsflüssigkeit aus dem Entlüftungsventil kommt ist die Anlage entlüftet. Diese Entlüftungsmethode hat sich über viele Jahre bestens bewährt. Allerdings darf nur jeweils eine Seite entlüftet werden. Niemals beide Ventile gleichzeitig öffnen. Als kleiner Tip: Den Entlüftungsvorgang führe ich durch wenn ich gerade die Bremsbacken und die unteren Exzenter vorbereite. In dieser Zeit tut sich nichts an der Bremsanlage, damit kann Newton perfekt entlüften.

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